Für immer anders - Zeiten der Trauer und des Abschieds

 

"Trauer ist wie ein großer Felsbrocken. Wegrollen kann man ihn nicht.

Zuerst versucht man, nicht darunter zu ersticken, dann hackt man ihn klein, Stück für Stück. Den letzten Brocken steckt man in die Hosentasche und trägt ihn ein Leben lang mit sich herum."

 

Dieser Textabschnitt stammt aus dem Buch von Gerd Laudert-Ruhm und Susanne Oberndörfer; "...und das Leben bekommt mich zurück. Ein Lesebuch (nicht nur) für Verwitwete."

 

Veränderungen durch Abschiede

Steht ein Abschied an, gehen alle Beteiligten aus dieser Situation verändert hervor. Man bleibt alleine, ohne den anderen zurück. Dass es wieder so wird wie vorher, geht nicht. Es kann ähnlich werden, nur eben anders.

Alle Nahestehenden haben sich durch den Tod oder die Trennung verändert, jeder musste eine andere Rolle übernehmen oder die eigene verändern. Durch den Verlust eines Familienmitgliedes verändert sich das Familiensystem. 

Selbst, wenn sich die Situation wieder reguliert hat, ist trotzdem alles anders als vorher. Alle haben neue Erfahrungen dazugewonnen und sind durch die veränderte Situation neu geprägt worden, haben möglicherweise neue Haltungen, die Persönlichkeit ist dieselbe geblieben. Dies gilt beim Tod eines Familienmitgliedes genauso wie für andere Verlust - und Abschiedssituationen, wie z.B. eine Scheidung der Eltern oder der Verlust eines geliebten Haustieres.

 

Trauer geht nur vorbei, in dem man trauert

Menschen trauern nicht in bestimmten Stufen oder in vorgegebenen Zeiten. Der Trauerprozess beinhaltet individuelle Merkmale, wie zum Beispiel die Lebenssituation und Persönlichkeit des Trauernden, der Krankheitsverlauf oder die Todesursache des Verstorbenen. Es kann hilfreich sein zu wissen:

 

"Meine Reaktion ist normal und nicht bedrohlich. Andere Menschen empfinden ähnlich wie ich.

 

Trauerreaktionen können oftmals chaotisch und unvorhersehbar sein, die Trauer der Nahestehenden ist nie zu Ende und wird nicht nach einem Schema abgearbeitet. Der Trauerprozess ist nicht berechenbar und kann immer wieder auftauchen, bis die trauernden Angehörigen im Laufe der Zeit gelernt haben, mit der Trauer umzugehen und damit zu leben.

 

Trauerreaktionen

Es gibt unterschiedliche Gedanken oder körperliche Empfindungen, die in Verlustsituationen auftauchen können, hier einige Beispiele:

  • Erstarrung, Lähmung, Schock
  • Stimmungsschwankungen, Erschöpfung
  • Gefühle wie z.B.: Hoffnungslosigkeit, Verzweiflung, Sinnlosigkeit, Wut oder Aggression, Hass
  • Desinteresse, Leere, emotionaler oder sozialer Rückzug, Verschlossenheit
  • Erleichterung, Schreien, Lachen
  • bei Kindern: Rückentwicklungszeichen wie Stottern, Daumenlutschen oder Einnässen
  • Konzentrationsstörungen, körperlicher Zusammenbruch, Schlafstörungen, Wahrnehmungsstörungen,   Leistungsabfall, Kreislaufprobleme, Depressive Verstimmung, Panik, Beklemmungsgefühle, Atemnot
  • Schuldgefühle, Suizidgedanken
  • Abwertung des Selbst
  • Sinnsuche, Sehnsucht, Wünsche
  • Reflexion über das vergangene Leben, Dankbarkeit, Hoffnung, Zuversicht, Liebe

 

Resilienz - die seelische Widerstandskraft

Resilienz bezeichnet die Stärke, Lebenskrisen wie Tod oder Trennung nahestehender Menschen, langanhaltende Erkrankungen, Arbeitslosigkeit oder schwere Krankheiten durchzustehen. Die Mehrheit der Menschen weist eine gute Resilienz auf, kann schwere Zeiten überstehen. Jedoch heißt das nicht, dass man immer gegen das Schicksal gewappnet ist.

 

Auch resiliente Menschen können an entsetzlichen Erlebnissen zerbrechen.

Resilienz muss jedoch trainiert werden: Wer sich immer zu sehr schont, allen Konflikten im Leben aus dem Weg geht und denkt, im Leben müsse alles immer gut laufen, schwächt seine innere Widerstandskraft.

Ebenso gibt es eine genetische Komponente. Welche Rolle die Gene für die Resilienz spielen, wird noch von Wissenschaftlern erforscht. 

 

Trauer in der Familie

Wie die Trauererfahrung des Einzelnen, so trauert die gesamte Familie um den Verlust eines Angehörigen. Jedes einzelne Familienmitglied hat jeweils andere Überzeugungen und ein eigenes Verständnis vom erlittenen Verlust, trauert im eigenen Tempo.

 

Den Verlust als Realität zu akzeptieren, die Neuordnung der familiären Rollen als auch das Gefühl der Verbindung mit der  Person zu bewahren die gestorben ist, oder die Familie verlassen hat, sind nun Aufgaben, die bewältigt werden müssen. Ebenfalls zeigt sich die Aufgabe der gemeinsamen Sinnfindung. Ein Austausch über diese individuellen Gedanken mit anderen Familienmitgliedern hilft der Familie, für das Erlebte gemeinsame Erklärungen zu finden.

 

Wie die Familie den Verlust eines Familienmitgliedes bewertet, beeinflusst stark, wie sie trauert. Wird der Tod als lang erwartetes Ende einer quälenden Krankheit verstanden, trauert die Familie anders als bei einem plötzlichen Tod eines Familienmitgliedes. Die Trauer um einen Menschen, der den Familienkreis aufgrund einer Trennung oder Kontaktabbruches verlassen hat, zeigt sich ebenfalls in anderer Ausprägung.

 

 

Wann geht die Trauer zu Ende?

Natürlich wird man immer traurig sein, wenn man an jemanden denkt, der  verstorben ist oder von dem man verlassen wurde, und den man geliebt hat. Doch dies ist irgendwann eine andere Art von Traurigkeit - der quälende Schmerz nimmt mit der Zeit ab. Trauern ist ein langwieriger Prozess, bei dem am Ende heraus kommt, dass nichts mehr so ist wie es früher war.

 

Trauer kann immer mal wieder ausbrechen und benötigt dann eine erneute Bearbeitung. Zur besseren Bearbeitung der eigenen Trauer können Selbsthilfegruppen eine Unterstützung für Trauernde jeden Alters sein. Die gefühlte Gemeinsamkeit der Trauer durch Gleichgesinnte kann stabilisierend und hilfreich sein. 

 

Erneutes Interesse am Leben, eine hoffnungsvollere Grundstimmung und eine Anpassung an die neuen Lebensumstände und sich einstellende Zukunftsperspektiven können Anzeichen dafür sein, dass die Trauer sich dem Ende zuneigt.

 

"...und das Leben bekommt mich zurück"

 

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*Bild von Alexa auf Pixabay